Urteil aus Karlsruhe: BGH bestätigt die Unwirksamkeit von Prämienanpassungen

Der BGH hat mit Urteil vom 16.12.2020 in einem von Pilz Wesser & Partner betreuten Verfahren erstmalig bestätigt, dass die Prämienanpassungen der AXA aus den Jahren 2014, 2015 und 2016 unwirksam sind (Az. IV ZR 314/19). Grund dafür waren allein schon die Anpassungsschreiben, die die AXA zur Begründung an ihre Kunden versandt hatte. Denn es reicht – wie Pilz Wesser & Partner von Beginn an gerügt haben – nicht aus, lediglich allgemein auf gestiegene Kosten im Gesundheitswesen zu verweisen. Mit diesem Urteil ist Pilz Wesser & Partner als erster Kanzlei deutschlandweit vor dem BGH ein Erfolg gegen einen Versicherer wegen der Höhe der Prämienanpassungen gelungen.

Die Entscheidung vom 16.12.2020 dürfte zudem über den konkreten Rechtsstreit hinaus wegweisenden Charakter haben: Der BGH hatte dort zwar nur über einige wenige konkrete Prämienerhöhungen zu entscheiden, aber seine heutige Begründung macht deutlich, dass auch viele weitere AXA-Prämienanpassungen schon aus formellen Gründen unwirksam sein dürften. Denn die AXA hat über viele Jahre Anpassungsschreiben versandt, die ähnlich inhaltsarm waren wie die für unwirksam befundenen Anpassungsschreiben der Jahre 2014 bis 2016.

Für unseren Mandanten bedeutet dies, dass er die eingeklagte Rückzahlung fast vollständig zugesprochen bekommen hat und sein zu viel gezahltes Geld zurückerhält. Ob er noch weiteres Geld zurückerhält, wird sich im Laufe des weiteren Verfahrens zeigen. Denn der BGH hält es ausdrücklich für möglich, dass auch ordnungsgemäß begründete Anpassungen aufgrund weiterer Fehler unwirksam sind.

Für die anderen von uns betreuten Verfahren gegen die AXA bedeutet dies: Die von Pilz Wesser & Partner eingeforderten Rückzahlungsansprüche dürften unseren Mandanten zu erheblichen Teilen zugesprochen werden. Da Pilz Wesser & Partner zudem vielfältige Anhaltspunkte für weitere Fehler der Anpassungen vorliegen, könnten sich diese Beträge noch erhöhen.

Auch auf andere Versicherer ist die heutige Entscheidung übertragbar: Andere Versicherer wie gerade auch die DKV haben ihre Prämienerhöhungen regelmäßig ähnlich inhaltsarm und damit unzureichend begründet wie die AXA. Für einige Versicherer liegen bereits Entscheidungen und Gerichtshinweise vor, die dies bestätigen. Bei anderen Versicherern rechnen wir aufgrund des wegweisenden BGH-Urteils in Kürze mit entsprechenden Entscheidungen und Hinweisen.

In eigener Sache:

Wir möchten höflich darauf hinweisen, dass es bei Anfragen an unsere Kanzlei derzeitig zu längeren Wartezeiten kommen kann, da uns viele Anfragen erreichen. Wir bitten deswegen um Verständnis, wenn die Beantwortung einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Wir kommen auf Sie zurück!

 

Bundesgerichtshof entscheidet in neuem Urteil über die Verjährung in Verfahren wegen einseitiger Prämienanpassungen

Mit Urteil vom 17.11.2021 zum AZ IV ZR 113/20 hat sich der Bundesgerichtshof zur Frage der in den Verfahren wegen der Beitragsanpassungen in Krankenversicherungstarifen gültigen Verjährungsfristen geäußert.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Rückzahlungsansprüche, die auf Bereicherungsrecht beruhen, rückwirkend für drei Jahre geltend gemacht werden können. Wenn also keine Klage eingereicht wird, verjähren Ansprüche (teilweise) jeweils zum Jahresende, bzw. sind bereits verjährt. Im besten Fall sollten also noch in diesem Jahr verjährungshemmende Maßnahmen eingeleitet werden. Von der Entscheidung ist ein Anspruch auf niedrigere Prämienzahlungen in der Zukunft unberührt. Das bedeutet, dass nach einem erfolgreichen Verfahren der Versicherungsnehmer nur die Prämie schuldet, die er vor den unwirksamen Erhöhungen zahlen musste.

Ist bereits eine Klage eingereicht, ist die Verjährung von Ansprüchen gehemmt. Vom Jahr der Klageerhebung an können die Beiträge rückwirkend für drei Jahre zurückgefordert werden. Auch hier sind zukünftige Prämienzahlungen und Prämienzahlungen, die während des laufenden Prozesses gezahlt werden bzw. worden sind nicht berührt. In laufenden Klageverfahren besteht auf Grund des Urteils also kein unmittelbarer Handlungsbedarf.